Nachtrag: 25.09.2008 Nummer 404
Sitzung: 15.10.2008 Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Vorlage: 404
Frau Dr. Paschke: Diese Drucksache hatten wir schon mehrfach im Ausschuss. Es sollte in der nächsten Zeit zusammengetragen werden, welche Ideen umsetzbar sind, jedoch wird man ohne die freien Träger keine Strategie erarbeiten können.
Herr Wulfänger: Einige Ausschüsse des Kreistages haben ebenfalls zu dieser Drucksache beraten. Ich möchte Ihnen einen kurzen Überblick über die Inhalte dieser Beratungen geben. Diese Drucksache wurde seinerzeit federführend in den Jugendhilfeausschuss verwiesen mit der Intension, die anderen Ausschüsse zu beteiligen. Der Jugendhilfeausschuss selbst hat dazu getagt und folgende Schwerpunkte herausgearbeitet: Zunächst ist immer zu unterscheiden in Angelegenheiten, die man als Kreistag selbst entscheiden kann, und Angelegenheiten, die durch Forderungen an die Politik in Bund und Land erfüllt werden müssen. In diesem Zusammenhang ist z.B. erörtet worden, ob die Erhöhung des Kindergeldes sinnvoll ist. Ein zweiter wichtiger Aspekt war das Verhältnis Lehrer und Eltern bei der Vermeidung von Bildungsarmut. Hier ist auch der Einfluss des Kultusministeriums teilweise gefragt, welches den Lehrern auch Aufgaben im Bereich der Elternarbeit übertragen sollte. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt war die Frage, wie man Kindern direkt Leistungen zukommen lassen kann, z.B. wurde die Möglichkeit eines kostenlosen Schulessens in Erwägung gezogen, diese Maßnahmen können jedoch nur kurzfristig reichen. Der Schulausschuss hatte sich ähnlich wie der Jugendhilfeausschuss hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den Eltern geäußert. Er vertritt die Auffassung, dass die Eltern stärker in die Diskussion mit einzubeziehen sind. Der Ausschuss für Wirtschaftsförderung, Landwirtschaft und Tourismus hat sich hinsichtlich der Bekämpfung von Kinderarmut Gedanken gemacht, welche Möglichkeiten gemeinsam mit der ARGE bestehen, über die Gesellschaft für Arbeit und Sanierung des Landkreises Stendal Eltern die Möglichkeit der Beschäftigung auf dem zweiten Arbeitsmarkt zu geben. Es sollte geprüft werden, in wie weit z.B. die Essenausgabe in der Schule durch den zweiten Arbeitsmarkt begleitet werden kann. Der Ausschuss Ordnung, Umwelt, Landschaftsschutz unterbreitet folgende Vorschläge: Die Zusammenarbeit zwischen Eltern, Erziehern und Lehrern ist zu verbessern, Möglichkeiten einer ehrenamtlichen unbezahlten Nachhilfe sind zu prüfen, eventuell sollte eine Diplomarbeit der Fachhochschule den analytischen Teil der Studie begleiten. Das Umweltamt würde eine sogenannte Einführung einer Windeltonne für Eltern mit Kindern bis zu drei Jahren prüfen, für den Rücktausch dieser Tonne würden keine Gebühren erhoben.
Frau Dr. Paschke bedankt sich bei Herrn Wulfänger für den Überblick.
Frau Dr. Schubert: Die Angebote des Gesundheitsamtes richten sich grundsätzlich an alle Kinder des Landkreises. Zu den Pflichtaufgaben des Gesundheitsamtes gehören insbesondere die Einschulungsuntersuchungen, die Untersuchungen in der 4. und 6. Klasse und die Begutachtung und Untersuchung von behinderten Kindern, welches halbjährlich bzw. alle zwei Jahre erfolgt. Darüber hinaus werden die verschiedensten Präventionsveranstaltungen an den Schulen durchgeführt. Einzelangebote zur Bekämpfung der Kinderarmut kann das Gesundheitsamt nicht anbieten. Wünschenswert wäre der Ausbau des Impfstatus. Dazu gab es bereits Gespräche mit der AOK und den Ersatzkassen. Besonders geht es dabei um die Schließung vom Impflücken. Bei einigen Impfungen gab es bisher das Problem, dass die Eltern diese vorfinanzieren mussten und im Nachhinein von der Krankenkasse die Erstattung erfolgte. Diese Vorfinanzierung war einigen nicht möglich. Es konnte jedoch erreicht werden, dass die HPV-Impfungen kostenlos angeboten wird.
Frau Dr. Paschke: Ein Zusammenhang zwischen Gesundheit und Kinderarmut ist durch sehr viele Studien nachgewiesen. So weisen diese Kinder häufiger körperliche Beschwerden, Sprachstörungen, Karies, unzureichenden Impfstatus, Suchtverhalten, Fehlernährung und Adipositas auf. Die Frage ist, ob das Gesundheitsamt über Analysen zu vorgenannten Problemen verfügt. Ich rege an, sich mit der Modellverwaltung der Stadt Dormagen diesbezüglich zu beschäftigen. Unter der Internetadresse NeFF Dormagen kann ein Bericht abgerufen werden. Jemand aus der Verwaltung sollte sich dieser Problematik annehmen.
Herr Stern: Ich halte diesen Ansatz für nicht richtig. Ein großes Problem sehe ich hier bei den Eltern. Die gesundheitliche Versorgung wird von den Eltern nicht wahrgenommen. Jedoch tragen sie die Verantwortung für ihre Kinder. Dieses kann nicht alles zu Lasten des Staates gehen. Die Stadt Stendal hat geprüft, sollte sie eine kostenlose Schulverpflegung einführen, würde dieses 400.000 – 500.000 Euro kosten. Dieses kann durch die Stadt nicht geleistet werden.
Frau Dr. Paschke: Einige Eltern können dieses dennoch nicht leisten. Diesen Kindern sollten trotzdem Hilfsangebote zuteil werden, um Folgeschäden abzuwenden. Es ist wichtig, die Eltern einzubeziehen, aber alles kann nicht mehr aufgefangen werden. Deshalb sollte jetzt bei den Kindern angesetzt werden.
Frau Raup: Diese Thematik werden die Gleichstellungsbeauftragten im Land auf ihrer Sitzung am 20.10.2008 beraten. Folgende Schwerpunkte können jedoch aus Sicht der Gleichstellung herausgearbeitet werden: Wichtig ist vor allem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere auch Frauen und Beruf. Die Eltern müssen in der Lage sein, ihre Lebensplanung und das Wohl ihrer Kinder miteinander zu vereinbaren. Dafür brauchen sie Unterstützung. Dort, wo das Kindeswohl gefährdet erscheint, müssen den Eltern Hilfsangebote unterbreitet werden. Allerdings hatte ich in meiner Praxis als Gleichstellungsbeauftragte erst zweimal damit zu tun, dass Alleinerziehende auf Grund fehlender Betreuungsangebote ihrem Beruf nicht nachgehen konnten. Die Politik sollte darüber nachdenken, ob auf typische Kleinkind- und Kinderprodukte der ermäßigte Mehrwertsteuersatz Anwendung finden sollte. Der frühe und unkomplizierte Zugang zu Beratungs- und Hilfsangeboten für Eltern ist ebenfalls ein wichtiger Punkt, um Kinder vor Verwahrlosung und Misshandlungen zu schützen. Anzeichen müssen frühzeitig erkannt werden. In diesem Zusammenhang sollte man für ein Frühwarnsystem Kinderärzte, Kindereinrichtungen oder Tagespflege gewinnen. Bisher gibt es viele Angebote von unterschiedlichen Trägern. Deshalb sollte ein Netzwerk für Familien gegründet werden, mit dem Ziel der frühzeitigen Unterstützung und dem Aufbau einer Präventionskette. Dieses Netzwerk könnte sich darum bemühen aufzuzeigen, welche Hilfsmöglichkeiten diesen Eltern von den unterschiedlichen Trägern geboten werden. Beispielhaft ist hier das Netzwerk der Stadt Dormagen (s. Anlage).