Sitzung: 11.03.2015 Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Vorlage: 099/2015
Das Landesverwaltungsamt hat am 18.12.2014 den Haushaltsbeschluss des Landkreises Stendal beanstandet. Dazu hat der Landkreis mit Schreiben des Landesverwaltungsamtes vom 29.01.2015 folgende Beanstandungsverfügung erhalten:
1. Der Beschluss des Landkreises Stendal vom 18.12.2014 über die Haushaltssatzung für das Jahr 2015 wird beanstandet.
2. Der Beschluss des Landkreises Stendal vom 18.12.2014 über das Haushaltskonsolidierungskonzept wird beanstandet.
3. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1. und 2. dieser Verfügung wird angeordnet.
Die Beanstandungsverfügung begründet das Landesverwaltungsamt wie folgt:
1. Unausgeglichener Ergebnishaushalt
Nach § 98 (3) KVG LSA ist der Haushalt in jedem Haushaltsjahr in Planung und Rechnung der Erträge und Aufwendungen auszugleichen. Entgegen der v. g. Bestimmung erreichen die Erträge nicht die Höhe der Aufwendungen. Der vorgelegte Ergebnisplan weist ein Jahresergebnis i. H. v. Minus 4.823.900 € aus. Gegenüber der Vorjahresplanung des Jahres 2015 fehlt das Ergebnis des vom Kreistag beschlossenen Haushaltsplanes, um 4.327.700 € schlechter aus. Die Verschlechterungen liegen vor allem in höheren Sozialtransferaufwendungen und sonstigen ordentlichen Aufwendungen.
2. Kreisumlage
Mit einer Erhöhung des Absolutbetrages für die Kreisumlage um lediglich 40.000 € ist ein Verstoß gegen § 100 (3) S. 6 KVG LSA festzustellen, da dieser Betrag vom letztjährig beschlossenen Konsolidierungskonzept abweicht. Der Landkreis hat bei der Aufstellung des Haushaltsplanes die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung gem. § 99 KVG LSA nicht vollumfänglich beachtet.
3. Überschuldung
Die am 18.12.2014 beschlossene Eröffnungsbilanz sieht noch ein positives Eigenkapital i. H. v. ca. 1,1 Mio. € vor. Dieses steht mit Blick auf das vorläufige Vorjahresergebnis zum Ausgleich nicht mehr zur Verfügung. Es muss anhand der vorgelegten Zahlen von einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i. H. v. 2,2 Mio. € ausgegangen werden. Der Landkreis ist unter Verstoß gegen § 98 (5) S. 1 KVG LSA als überschuldet anzusehen. Die Überschuldung würde zum Wegfall der dauernden Leistungsfähigkeit führen, deshalb waren einschneidende Maßnahmen zur Wiedererlangung der finanziellen Leistungsfähigkeit zu ergreifen.
4. Mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung
Weiterhin liegt ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 8 (3) GemHVO Doppik vor. Der Ergebnisplan weist in den Jahren 2016 bis 2018 ausnahmslos negative Jahresergebnisse aus.
2016 Minus 3,7 Mio. €
2017 Minus 2,4 Mio. €
2018 Minus 1,2 Mio. €
Es ist für das Jahr 2015 eine negative Änderung des Finanzmittelbestandes i. H. v. 7.746.400 € geplant. In den folgenden Jahren übersteigen die Auszahlungen die Einzahlungen. Insgesamt bildet der Finanzplan in der mittelfristigen Planung 2014 bis 2018 eine Liquiditätslücke i. H. v. 26,8 Mio. € ab.
Finanzplan
2016 Minus 6,1 Mio. €
2017 Minus 4,1 Mio. €
2018 Minus 2,3 Mio. €
5. Erhöhung des Liquiditätsrahmens
Zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit ist die Aufnahme weiterer Liquiditätskredite vorgesehen. Neu ist, dass der Liquiditätsrahmen genehmigungspflichtig ist. Es ist vorgesehen, den Liquiditätsrahmen von 60 Mio. € im Vorjahr auf 75 Mio. € anzuheben. Dieser Betrag liegt 2,5fach über dem vom Gesetzgeber vorbehaltlos akzeptierten Rahmen. Dieses stellt ein Verstoß gegen § 110 KVG LSA dar. Der Landkreis Stendal liegt gemessen an den Einwohnern erheblich über den Landesdurchschnitt. Besonders die kameralen Altfehlbeträge, welche als Verbindlichkeiten in der Eröffnungsbilanz auszuweisen sind, stellen sich belastend für die Vermögensrechnung dar. Zum 01.01.2013 bestanden bereits 42.034.562 € an Verbindlichkeiten aus Kreditaufnahmen zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit. Dieser Wert ist bis zum 31.12.2014 bereits auf ca. 55 Mio. € angewachsen. Der Landkreis Stendal, kann bis zum Jahr 2020 nicht darstellen, dass die dauerhafte Finanzierung der Altfehlbeträge über Liquiditätskredite abgebaut bzw. beendet werden kann. Es wird erwartet, dass der Landkreis alle Möglichkeiten nutzt, um die Liquiditätslage entscheidend zu verbessern.
Der Landkreis Stendal ist nunmehr durch das Landesverwaltungsamt aufgefordert worden, die Rechtsverstöße zu beseitigen. Im Rahmen eines erneut zu fassenden Beschlusses, ist eine Verbesserung der Haushaltslage herbeizuführen. Es obliegt dem Landkreis im Rahmen seiner Finanzhoheit durch Maßnahmen den Fehlbedarf durch Senkung von Aufwendungen oder Steigerung durch Erträge zu verringern.
Der Kreistag ist gehalten, nochmals alle vorgehaltenen Angebote auf die grundsätzliche Notwendigkeit zu überprüfen und ggf. Standards auf das gesetzlich geforderte Maß zu senken. Die gegenüber der ursprünglichen Planung beschlossene Senkung der Kreisumlage um 410.000 € stellt grundsätzlich den Konsolidierungswillen des Landkreises in Frage.
Weiterhin ist festzustellen, dass sowohl der Kostendeckungsgrad der Kreismusikschule (34,3 %) als auch der Kostendeckungsgrad der Kreisvolkshochschule (44,7 %) deutlich unter dem Landesdurchschnitt liegen. Hier wird durch strikte Kostenreduzierung und die Finanzierung durch Dritte (Gebührenerhöhung) Konsolidierungspotential gesehen. Das Haushaltskonsolidierungskonzept entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen gem. § 146 (1) KVG LSA. Es muss festgestellt werden, dass das Konzept in den Punkten Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Kreisumlage Maßnahmen beinhaltet, auf die der Landkreis keinen direkten Einfluss nehmen kann. Darüber hinaus ist die Grundannahme des Konzeptes, das ab 2019 sämtliche Planansätze aus 2018 bis auf die Konsolidierungsmaßnahmen fortgeführt werden können, nicht nachvollziehbar und daher mangels Beachtung einer vorsichtigen Haushaltsplanung nicht plausibel. Es ist zu beachten, dass die Finanzausgleichsmasse insgesamt sinken wird. Dieses ist bei der Aufstellung des Haushaltsplanes nicht beachtet worden. Die Zuweisungen sind in jedem Jahr um die Prozentpunkte zu senken, wie der aktuelle Orientierungsdatenerlass eine Reduzierung der Finanzausgleichsmasse aufzeigt. Dieses ist entsprechend fortzuschreiben.
Die einzelnen Veränderungen im Ergebnishaushalt 2015 und im Finanzhaushalt, sind der beiliegenden Präsentation zu entnehmen.
Herr Dr. Kühn: Ich verstehe das Ganze mit dem Haushalt nicht. Kann das nicht vorher in Magdeburg geklärt werden?
Frau Braun: Ich muss jetzt politisch werden, es ist ungeheuerlich, dass dem Landkreis der Konsolidierungswille abgesprochen wird. Der Kreistag ist verantwortungsvoll mit dem Beschluss zur Haushaltssatzung und zum Haushaltsplan 2015 umgegangen. Durch das Land ist der Landkreis ständig bei der Aufgabenfinanzierung unterfinanziert. Für den Landkreis wirkt sich zu dem die Fläche nachteilig aus. Darüber hinaus sind dem Landkreis durch Bundes- und Landesgesetze die Hände gebunden. Ich sehe hier ein mangelhaftes Wollen des Landes die Landkreise entsprechend der Aufgabenwahrnehmung finanziell auszustatten. Dieser Kreislauf sollte unterbrochen werden, auch im Sinne der Städte und Gemeinden des Landkreises. Es sollte keine Zustimmung des Haushaltes geben oder eine Aufgabenreduzierung müsste erfolgen.
Frau Hoppe: Gegen die Beanstandung ist Widerspruch eingelegt, dennoch wurde der Haushalt noch einmal überprüft und überarbeitet, so dass der Ergebnishaushalt 2015 ein positives Ergebnis von 4.500 € ausweist und im Jahr 2016 721.300 €. In den Jahren 2017 und 2018 weist der Ergebnishaushalt wieder Defizite auf.
Herr Graubner: Der Bund will doch die Länder mit 3 Milliarden € entlasten. Hat das Auswirkungen auf unseren Haushalt?
Frau Hoppe: Das betrifft nur Investitionen und hat keine Auswirkungen auf den Ergebnishaushalt. Durch das neue FAG müssen wir in den Jahren 2015 bis 2018 mit 10,1 Mio. € Einnahmen weniger rechnen. Deshalb haben wir für den überarbeiteten Haushalt folgende Veränderungen vorgenommen:
Es ist eine Anpassung an die Ergebnisse 2014 erfolgt. Wir haben Erhöhungen der Einnahmen im Rettungsdienst, höhere Zuweisungen im ÖPNV (3,8 Mio. €) und bei den Gastschulbeiträgen gibt es 50.000 € Mehreinnahmen.
Frau Paschke: Der Beschluss zum Haushalt bedeutet auch harte Zeiten für Kommunen. Bei Boykott des Haushaltes sieht es nicht besser aus, wir müssen die Entwicklungen beachten und ein Umdenken ist erforderlich.
Herr Dr. Kühn: Die Übersicht weist Personaleinsparungen aus, meine Frage ist, wo Personal gespart wird, an welcher Stelle?
Dieser Sachverhalt wird in einem Nichtöffentlichen Teil der Sitzung erläutert.
Die Einsparungen beim Personal in den einzelnen Ämtern sind der Übersicht Ergebnishaushalt 2015, Personalkostenreduzierung zu entnehmen.
Frau Braun: Wenn ich mir die Reduzierungen ansehe, so frage ich mich, wie die Beigeordneten es schaffen sollen, neben ihrer Arbeit als Beigeordneter auch noch ein Amt zu leiten. Hier sehe ich auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Ich habe den Eindruck, dass geht alles zu Lasten des Mitarbeiters.
Dem Haushalt werde ich nicht zustimmen.
Herr Emanuel: Der nun vorgelegte Haushaltsentwurf ist ein Vorschlag der Verwaltung. Dieses sollte man so hinnehmen. Ich gehe davon aus, dass man sich innerhalb der Verwaltung dazu verständigt hat. Dem Landrat können im Kreistag am 14.06.2015 diese Fragen gestellt werden. Ich bin der Meinung, wir sollten den Vorschlag der Verwaltung zur Haushaltssatzung und zum Haushaltsplan 2015 folgen, müssten aber zukünftig vieles Hinterfragen.
Frau Hoppe: Das Signal aus dem Landesverwaltungsamt war hier eindeutig, dass eine schwarze „0“ einzureichen ist.
Herr Graubner: Die Einsparungen im Bereich Unterhaltsvorschuss finde ich schmerzlich für die Kinder, die auf den Unterhalt angewiesen sind.
Die Öffentlichkeit wird wieder hergestellt.