Sitzung: 02.09.2020 Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit
TOP 7 – Auswirkungen von Covid-19 auf Frauen
Frau Hartmann berichtet wie folgt:
Bevor ich auf die Situation im Frauenhaus Stendal zu sprechen komme, möchte ich ein paar Fakten und Zahlen zum Frauenhaus darlegen.
In einem Frauenhaus können Frauen und Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, Zuflucht finden und Beratung erhalten. Jährlich erhalten etwa 13.000 Frauen und 15.000 Kinder in Frauenhäusern in Deutschland Hilfe. Nicht jede Region hat ein Frauenhaus, denn viele Regionen haben Frauenschutzhäuser. Insgesamt sind es 18.000 Frauen und 20.000 Kinder, die von Gewalt betroffen sind. Gewalt, die Männer den Frauen und Kindern zugefügt haben. Dies entspringt einer wissenschaftlichen Studie vom Bund.
Die Ratifizierung der Istanbul-Konvention, also das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, hat Deutschland 2018 das erste Mal in die Pflicht genommen. Dort musste Deutschland diese Konvention umsetzten.
Nun hat das Virus uns noch mehr Potential geliefert. Es hat unheimliche Auswirkungen auf die Frauen und Kinder genommen. Eine Studie ergab, dass rund drei Prozent der Frauen in Deutschland, zur Zeit der strengen Kontaktbeschränkung, Opfer der häuslichen Gewalt und 3,6 % der Frauen wurden vergewaltigt. Diese Frauen haben sich nicht an die Öffentlichkeit getraut, insbesondere im ländlichen Bereich. Über dieses Thema kann man sehr viel diskutieren und reden.
Nach Rücksprache mit dem Frauenhaus in Stendal, möchte ich kurz schildern, wie es dem Frauenhaus in Stendal erging. Genau in der Pandemie kam das Frauenhaus auf mich und den Landkreis zu. Wir benötigten, um die Abstandsregeln einhalten zu können, zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten. Dafür haben wir in einem Hotel, welches durch Antrag betrieben werden durfte, zwei Wohnungen angemietet. Die Genehmigung wurde mit dem Sozialamt und dem zuständigen Beigeordneten im Voraus abgesprochen. Wir vermuteten, dass durch die Pandemie viele Frauen ins Frauenhaus kommen würden, dies war allerdings nicht so. Die Frauen waren sehr verunsichert. Es gab sehr viele telefonische Beratungen und sehr viele Hilfsangebote. Das Frauenhaus hatte sich mit einem Hygienekonzept vorbereitet, um Ansteckung zu verhindern. Es wurde Desinfektionsmittel, Masken und Handschuhe besorgt. In der Pandemiephase waren solche Dinge leider Mangelware.
Nach den Lockerungen kamen vermehrt Frauen ins Frauenhaus. Dort hatte man bereits Angst vor einer Überbelegung. Viele Frauen suchen immer noch telefonische Beratung.
Herr Siegmund bedankt sich bei Frau Hartmann für die doch dramatischen Ausführungen und schockierenden Erkenntnisse. Er kann jedoch die angegebenen Zahlen nicht ganz begreifen und fragt diesbezüglich nach einer Quelle der Daten und ob diese Zahlen deutschlandweit zählen oder es nur eine gewisse Altersgruppe betrifft.
Frau Hartmann antwortet hierauf, wie folgt:
Diese Zahlen seien aus einer Studie der Terre des Femmes. Die Studien wurden in der Zeit der Pandemie betrieben, ich weiß jedoch nicht, ob diese 100 % sind. Ich weise aber auch darauf hin, dass es sich bei der realen Zahl jedoch um eine viel höhere handeln wird. Es ist zudem auch immer wieder erschreckend, was Frauen von Männern angetan wird, es sollen sich hierbei aber auch nicht alle Männer angesprochen fühlen.
Herr Röxe fragt, ob man davon ausgehen kann, dass die Dunkelziffer doch deutlich höher liegt.
Frau Hartmann beantwortet dies mit einem klaren Ja und verweist auf die zukünftig erscheinenden Studien und bittet bis dahin um Geduld.
Frau Güldenpfennig führt an, dass die Frequentierung in den Frauenhäusern sehr hoch ist, nicht nur aus dem städtischen, auch aus dem ländlichen Bereich. Sie unterstützt die Zahlen und führt hierzu noch ein Gespräch mit den Mitarbeitern des Frauenhauses an.
Frau Zacharias-Schulz fragt, ob viele Kinder mit in das Frauenhaus kommen.
Frau Hartmann spricht ihr diesbezüglich zu und fügt hinzu, dass auch Kinder mit ins Frauenhaus kommen. Sie ist sehr froh darüber, dass jetzt auch zwei Sozialarbeiter und eine halbe Fachkraft für die Betreuung der Kinder eingestellt wurden. Leider werden bisher viel zu wenige Gefahrenmeldungen gemacht, aus Scharm oder Angst.
Es gibt keine weiteren Fragen.