Sitzung: 10.07.2008 Ausschuss für Ordnung, Umwelt und Landschaftsschutz
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Vorlage: 404
Frau
Müller stellt einleitend dar, dass
über das Problem Kinderarmut in den Medien vielfach berichtet worden ist. Bund
und Land geben in regelmäßigen Abständen Armutsberichte heraus. Die Bedeutung
der Armut für den Lebensweg eines Menschen ist bekannt. Die Kinderarmut ist
besonders auch im Landkreis Stendal ein Problem, so dass auf Antrag der
Fraktion „Die Linke – Bündnis 90 / Die Grünen“ im Kreistag und den Ausschüssen
über Möglichkeiten nachgedacht werden soll, die Auswirkungen der Kinderarmut zu
mindern. Frau Müller gibt dazu bekannt, dass im Landkreis Stendal 71 % der
Kinder im Alter bis 3 Jahren bzw. 50 % der Kinder bis 15 Jahren von Armut
betroffen sind. Damit liegt der Landkreis deutlich über der Größenordnung von
Sachsen-Anhalt mit 33%.
Ziel
der Diskussion soll sein, die Rahmenbedingungen für die Kinder zu ändern, denn
gerade in armen Verhältnissen aufwachsende Kinder leben oft in einem Niveau des
sozialen Mangels, in dem die emotionale Wärme fehlt. Mit dem Ansatz, die
Fähigkeiten der Eltern auszubauen und die Stärken der Kinder zu entwickeln,
soll ein Ausbrechen aus der Armutsspirale ermöglicht werden.
Frau
Müller stellt dar, dass durch den Kreistag die Richtung zur Bekämpfung der
Kinderarmut vorgegeben werden sollte. Auf dieser Grundlage wird sie dann das
notwendige Konzept vorlegen. Hierin eingearbeitet werden auch die Vorgaben, die
in Sachsen-Anhalt zum Kinderschutz gegenwärtig auf dem Gesetzgebungsweg sind.
Sie stellt fest, dass viele Partner mitziehen müssen und die Sensibilität für
das Gesamtproblem unbedingt erhöht werden muss, um weitaus größere Probleme in
der Zukunft zu vermeiden.
Herr
Klemm stellt fest, dass etwas schief
läuft, wenn 19 Jahre nach Übergang von der „armen“ DDR in die „reiche“ BRD die
Kinderarmut ein Thema ist. Nach seiner Meinung wären wichtige Probleme
angegangen, wenn z.B. die Kindergartenbeiträge an die Träger der Einrichtungen
direkt überwiesen werden und die Kosten für das Essen grundsätzlich darin
enthalten wären. Dies kann aber nicht der Landkreis lösen.
Herr
Stapel gibt ihm grundsätzlich recht,
doch regt er an zu prüfen, was auf der Ebene des Landkreises auch ohne viel
Geld geleistet werden kann, um die Bildungs- bzw. Gesundheitsdefizite
abzufangen.
Herr
Mehlkopf fordert auch, die Ernährung im Kindergarten über die Beiträge mit
abzudecken. Weiterhin zweifelt er aber die von der Verwaltung vorgelegten
Zahlen für die Verwaltungsgemeinschaft Stendal- Uchtetal an.
Herr
Bolle sieht auch darin ein Problem,
dass in vielen Familien ein Elternteil am Sonntag zur Arbeit fährt und erst am
Freitag / Samstag wieder kommt. Unter diesem Gesichtspunkt hält er die
Kindereinrichtungen, die es in vielen Gemeinden gibt, für sehr wichtig. Gerade
in Zeiten, wo überall gespart wird, ist die Weiterführung der Jugendarbeit
besonders wichtig. Dies wird durch viele Feuerwehren geleistet. Ein weiterer
positiver Aspekt besteht darin, dass durch die Uniformen die soziale Herkunft
des Kindes / Jugendlichen nicht sichtbar ist.
Frau
Müller informiert weiter, dass das
Projekt der „Familienhebammen“ durch das Land über zwei Personen pro Landkreis
weitergeführt wird. Diese sollen Problemfamilien bis zu einem Jahr nach der
Geburt eines Kindes betreuen und ggf. rechtzeitig unterstützend eingreifen können.
Weiterhin
regt sie an, die Präventionskette im Kinderschutz zu verbessern. Sie spricht
die Möglichkeit an, durch das Jugendamt nach der Geburt einen –freundlichen-
Erstbesuch durchzuführen, was auch den Ruf des Amtes verbessern würde. Durch
Suche nach Sponsoren wäre das Projekt erweiterbar. So könnten z.B. Rauchmelder übergeben werden.
Herr
Klemm bezweifelt, dass ohne eine
entsprechende Finanzausstattung eine grundsätzliche Änderung der Situation erreichbar sein wird.
Dazu stellt Frau Müller dar, dass der Kinderschutz, gemäß § 16 SGB VIII, eine Pflichtaufgabe der Landkreise ist. Sie erläutert weiter, dass eine wichtige Arbeit auf diesem Gebiet über freie Träger als Partner geleistet wird. Sie meint, dass an der finanziellen Situation sich kaum etwas ändern wird, doch sollte in der Jugendarbeit gezielt mit kleinen Schritten auf die Eltern zugegangen werden. Wird heute die erforderliche Arbeit geleistet, wird dies eine spürbare Einsparung bei den Folgekosten in den kommenden Jahren bedeuten. Die Kosten für die Heimunterbringung eines Grundschulkindes gibt sie beispielsweise mit 42.000 € im Jahr an. Wird heute der Einsatz im präventiven Bereich erhöht, wird das in wenigen Jahren auch finanziell zu merken sein. Das die Kosten bei gleicher Fallzahl sinken, sieht sie als deutlichen Hinweis, dass man mit der Jugendarbeit im Landkreis Stendal auf dem richtigen Weg ist. Mit einer verstärkten Präventionsarbeit werden insbesondere in den kostenintensiven Bereichen weniger Ausgaben anfallen.
Herr
Dr. Neuhäuser fordert, die sozialen
Netze dichter zu knüpfen. Es sollten mehr Angebote an Grund- und
Sekundarschulen auf den Gebieten Sport, Kultur, Soziales, Umwelt geschaffen
werden. Auch die Weiterführung der Arbeit der Jugendclubs ist wichtig. Dabei
sollte der Schwerpunkt auf die Unterstützung der freien Träger gelegt werden,
da diese flexibler agieren können.
Frau
Theil stellt abschließend fest, dass
auch die im Rahmen der Diskussionen anderer Fachausschüsse des Kreistages
eingehenden Anregungen zu einem Konzept für die Bekämpfung der Kinderarmut im
Landkreis zusammengestellt werden sollen.