Beschluss: zur Kenntnis genommen

Frau Müller stellt einleitend dar, dass über das Problem Kinderarmut in den Medien vielfach berichtet worden ist. Bund und Land geben in regelmäßigen Abständen Armutsberichte heraus. Die Bedeutung der Armut für den Lebensweg eines Menschen ist bekannt. Die Kinderarmut ist besonders auch im Landkreis Stendal ein Problem, so dass auf Antrag der Fraktion „Die Linke – Bündnis 90 / Die Grünen“ im Kreistag und den Ausschüssen über Möglichkeiten nachgedacht werden soll, die Auswirkungen der Kinderarmut zu mindern. Frau Müller gibt dazu bekannt, dass im Landkreis Stendal 71 % der Kinder im Alter bis 3 Jahren bzw. 50 % der Kinder bis 15 Jahren von Armut betroffen sind. Damit liegt der Landkreis deutlich über der Größenordnung von Sachsen-Anhalt mit 33%.

Ziel der Diskussion soll sein, die Rahmenbedingungen für die Kinder zu ändern, denn gerade in armen Verhältnissen aufwachsende Kinder leben oft in einem Niveau des sozialen Mangels, in dem die emotionale Wärme fehlt. Mit dem Ansatz, die Fähigkeiten der Eltern auszubauen und die Stärken der Kinder zu entwickeln, soll ein Ausbrechen aus der Armutsspirale ermöglicht werden.

Frau Müller stellt dar, dass durch den Kreistag die Richtung zur Bekämpfung der Kinderarmut vorgegeben werden sollte. Auf dieser Grundlage wird sie dann das notwendige Konzept vorlegen. Hierin eingearbeitet werden auch die Vorgaben, die in Sachsen-Anhalt zum Kinderschutz gegenwärtig auf dem Gesetzgebungsweg sind. Sie stellt fest, dass viele Partner mitziehen müssen und die Sensibilität für das Gesamtproblem unbedingt erhöht werden muss, um weitaus größere Probleme in der Zukunft zu vermeiden.

Herr Klemm stellt fest, dass etwas schief läuft, wenn 19 Jahre nach Übergang von der „armen“ DDR in die „reiche“ BRD die Kinderarmut ein Thema ist. Nach seiner Meinung wären wichtige Probleme angegangen, wenn z.B. die Kindergartenbeiträge an die Träger der Einrichtungen direkt überwiesen werden und die Kosten für das Essen grundsätzlich darin enthalten wären. Dies kann aber nicht der Landkreis lösen.

Herr Stapel gibt ihm grundsätzlich recht, doch regt er an zu prüfen, was auf der Ebene des Landkreises auch ohne viel Geld geleistet werden kann, um die Bildungs- bzw. Gesundheitsdefizite abzufangen.

Herr Mehlkopf  fordert auch, die Ernährung im Kindergarten über die Beiträge mit abzudecken. Weiterhin zweifelt er aber die von der Verwaltung vorgelegten Zahlen für die Verwaltungsgemeinschaft Stendal- Uchtetal an.

Herr Bolle sieht auch darin ein Problem, dass in vielen Familien ein Elternteil am Sonntag zur Arbeit fährt und erst am Freitag / Samstag wieder kommt. Unter diesem Gesichtspunkt hält er die Kindereinrichtungen, die es in vielen Gemeinden gibt, für sehr wichtig. Gerade in Zeiten, wo überall gespart wird, ist die Weiterführung der Jugendarbeit besonders wichtig. Dies wird durch viele Feuerwehren geleistet. Ein weiterer positiver Aspekt besteht darin, dass durch die Uniformen die soziale Herkunft des Kindes / Jugendlichen nicht sichtbar ist.

Frau Müller informiert weiter, dass das Projekt der „Familienhebammen“ durch das Land über zwei Personen pro Landkreis weitergeführt wird. Diese sollen Problemfamilien bis zu einem Jahr nach der Geburt eines Kindes betreuen und ggf. rechtzeitig unterstützend eingreifen können.

Weiterhin regt sie an, die Präventionskette im Kinderschutz zu verbessern. Sie spricht die Möglichkeit an, durch das Jugendamt nach der Geburt einen –freundlichen- Erstbesuch durchzuführen, was auch den Ruf des Amtes verbessern würde. Durch Suche nach Sponsoren wäre das Projekt erweiterbar. So könnten z.B.  Rauchmelder übergeben werden.

Herr Klemm bezweifelt, dass ohne eine entsprechende Finanzausstattung eine grundsätzliche Änderung der Situation  erreichbar sein wird.

Dazu stellt Frau Müller dar, dass der Kinderschutz, gemäß § 16 SGB VIII, eine Pflichtaufgabe der Landkreise ist. Sie erläutert weiter, dass eine wichtige Arbeit auf diesem Gebiet über freie Träger als Partner geleistet wird. Sie meint, dass an der finanziellen Situation sich kaum etwas ändern wird, doch sollte in der Jugendarbeit gezielt mit kleinen Schritten auf die Eltern zugegangen werden. Wird heute die erforderliche Arbeit geleistet, wird dies eine spürbare Einsparung bei den Folgekosten in den kommenden Jahren bedeuten. Die Kosten für die Heimunterbringung eines Grundschulkindes gibt sie beispielsweise mit  42.000 € im Jahr an. Wird heute der Einsatz im präventiven Bereich erhöht, wird das in wenigen Jahren auch finanziell zu merken sein. Das die Kosten bei gleicher Fallzahl sinken, sieht sie als deutlichen Hinweis, dass  man mit der Jugendarbeit im Landkreis Stendal auf dem richtigen Weg ist. Mit einer verstärkten Präventionsarbeit werden insbesondere in den kostenintensiven Bereichen weniger Ausgaben anfallen.

Herr Dr. Neuhäuser fordert, die sozialen Netze dichter zu knüpfen. Es sollten mehr Angebote an Grund- und Sekundarschulen auf den Gebieten Sport, Kultur, Soziales, Umwelt geschaffen werden. Auch die Weiterführung der Arbeit der Jugendclubs ist wichtig. Dabei sollte der Schwerpunkt auf die Unterstützung der freien Träger gelegt werden, da diese flexibler agieren können.

Frau Theil stellt abschließend fest, dass auch die im Rahmen der Diskussionen anderer Fachausschüsse des Kreistages eingehenden Anregungen zu einem Konzept für die Bekämpfung der Kinderarmut im Landkreis zusammengestellt werden sollen.