Sitzung: 21.11.2013 Kreistag Stendal
Der Vorsitzende erteilt dem Landrat das Wort.
Der Landrat möchte als erstes wieder über das Thema Hochwasser berichten, über die Dinge, die sich hier getan haben und die mitunter noch zu tun sind. Frau Dr. Paschke hatte ja schon in der letzten Sitzung gesagt, dass auch in den Ausschüssen darüber noch einmal beraten werden sollte. Das wird sicherlich noch erfolgen.
Ich will einpaar Zahlen nennen:
Bereich Personal: Man hat errechnet, dass die Leute 11.741 Stunden im Katastrophenschutzstab gearbeitet hatten. Verdienstausfälle bei den Arbeitgebern, die Anträge gestellt haben, sind knapp 2.000, die so gut wie alle bearbeitet wurden. Der Landkreis hat eine Summe ausgezahlt von knapp 500 T€ für Verdienstausfall für die Hilfsorganisationen, also Mitglieder von THW und Feuerwehren. Gut 500 T€ hat der Landkreis an Arbeitgeberanteilen ausgezahlt für Helfer (Privatpersonen), die nicht verpflichtet waren. Hier streiten wir uns nachwievor mit dem Land, ob wir das Geld erstattet bekommen. Die Signale werden aber zunehmend günstiger, dass wir das Geld bekommen, weil ja von der EU noch Geld fließt. Das belastet uns jedenfalls finanziell doch ein ganz schönes Stück. Ich habe aber immer gesagt, die Leute haben ihre Arbeit getan, also werden sie auch ihr Geld bekommen.
Soforthilfeanträge wurden 2.167 gestellt. Gut 1,5 Mio. € wurden dort ausgezahlt. Hier sind noch Restarbeiten zu erledigen. In welchem Umfang, das müssen wir noch mit dem Finanzministerium klären. Mehr Ärger bereitet uns das, was über die Wirtschaftsförderung läuft; die Anträge für die Gewerbetreibenden. Es sind Größenordnungen von 6,9 Mio. € beantragt. Ein Teil ist ausgezahlt (2,2 Mio. €). Ein Gutteil nicht. Das hängt an der Notifizierung von der EU und bringt die Betriebe jetzt zunehmend in Existenzängste und Nöte. Und die Arbeitnehmer dort natürlich allemal. Hier müssen wir aufpassen. Und da hoffe ich, dass bald Geld fließt, sonst müssen wir Betriebe schließen, was natürlich katastrophal wäre.
Für die 4 Wochen Katastrophe wurden Rechnungen für Leistungen bezahlt, die wir veranlasst haben. Wenn durch den Landrat Katastrophenalarm ausgerufen wird, dann muss auch der Landkreis die Kosten dafür übernehmen. Es sind Kosten von 6,6 Mio. €, die wir zum überwiegenden Teil auch vom Land erstattet bekommen. Gut 800 T€ sind noch offen. Die beinhalten u. a. die 500 T€ für Hilfsleistungen für die Arbeitgeberanteile. Über die 800 T€ müssen wir noch mit dem Land verhandeln, dass wir diese auch noch erstattet bekommen.
An einigen Grundstücken sieht man jetzt auch Schilder mit dem Aufdruck „Zu Verkaufen“. Es stellt sich da die Frage, ob sich in dem Grundstücksmarkt etwas verändert hat? Nach unseren Recherchen, die den Grundstücksverkehr betreffen, hat es keine wesentlichen Veränderungen bei den Abschlüssen der Verträge gegeben; von der Anzahl nicht und von der Höhe nicht. Es sieht zwar so aus, dass Leute ihre Grundstücke loswerden wollen, aber auf dem Grundstücksverkehrsmarkt hat dies bis jetzt noch nicht richtig durchgeschlagen. Das müssen wir weiter im Auge behalten. Einige wollen ja nicht zurückziehen. Wenn das aber Größenordnungen annimmt und Grundstücke verfallen, dann hat der Kreis in zwei bis drei Jahren ein Problem. Wenn es richtig an die Substanz geht und wenn das Bauordnungsamt einschreiten muss, dann müssen wir letztendlich teilweise die Kosten für die Sicherung übernehmen und müssen das Geld zurückfordern. Das wären natürlich erhebliche Kosten. Und deshalb schauen wir von Anfang an darauf, dass die Grundstücke auch in ihrem Wert erhalten werden. Andernfalls bekommen wir als die öffentliche Hand dort ein Problem.
Es gab im Nachgang eine ganze Reihe von Auswertungen. Mit vielen Einheits- und Verbandsgemeinden wurden bereits Auswertungsgespräche geführt. Von Region zu Region war es unterschiedlich, aber es war immer sehr konstruktiv. Auch mal emotionsgeladen, was in der Natur der Sache liegt. Man hat auch auf bestimmte Dinge hingewiesen, die man anders machen kann.
Hier im Hause erfolgte eine Auswertung mit dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und mit dem Umweltministerium. Wir haben unsere Vorstellungen vorgetragen, wie es mit der Hochwassersicherung und dem Deichbau weitergehen soll. Diesbezüglich hatte ich im Juli bereits einen Brief zum Ministerium geschickt. Es ist zu erkennen, dass alle unsere Wünsche und Forderungen berücksichtigt werden. Jetzt muss man nur mal schauen, in welchem Zeitrahmen es umgesetzt wird. Das hängt dann natürlich nicht von uns ab, sondern von den Dingen, die dort im Ministerium umzusetzen sind; es hängt ab von einem Planfeststellungsverfahren, von Ausschreibungen und dergleichen mehr.
Des Weiteren ist eine Auswertung mit dem Innenministerium erfolgt. Da ging es dann nicht um den Deichbau, sondern um den Katastrophenfall, welche Dinge in Zukunft anders zu machen sind und wie man daraus lernen kann. Ein Punkt der Auswertung war die Thematik Warnung der Bevölkerung gewesen. Hier müssen wir sehen, dass wir noch besser mit den Menschen vor Ort vernetzt werden, um an Informationen heran zu kommen. Wir haben besonders im ostelbischen Raum gemerkt, dass zu bestimmten Zeiten nur noch Kommunikation über Telefon, Rundfunk und Fernsehen möglich gewesen ist, sofern Strom da war. Zeitung und Post ist ausgefallen. Und wenn der Strom ausfällt, dann ist es auch mit Radio schlecht, wenn man keine Batterien mehr hat. Deshalb denken wir, dass wir über die neuen Medien hier noch mehr an die Menschen heran kommen. Es heißt ja immer, die Älteren können nicht mit Facebook umgehen. Das mag so sein. Aber wir haben im Katastrophenfall gelernt, wenn wir über Facebook an die jungen Leute heran kommen, dann gehen automatisch auch Informationen an die älteren Leute, weil jeder die Information seinen Eltern weiter gibt. Und das funktioniert doch besser, als man es vorher gedacht hat. Deshalb wollen wir hier aktiver werden. Wir wollen einheitliche Höhenkarten für den ganzen Landkreis erarbeiten lassen. Dies ist mit dem Landesamt für Vermessung zu klären. Wir haben ähnlich gelagerte Brandschutzkarten, die für alle Feuerwehren erstellt wurden. Das Ergebnis von Übungen im vorletzten Jahr war, dass auch ein einheitlicher Datenstand bei Brandschutzkarten vorhanden sein muss.
Für den Katastrophenfall sollen noch mehr Menschen ausgebildet werden als es bisher der Fall war. Nach dem Hochwasser 2011 habe ich gesagt, es wird nicht mehr mit einer 2er Besetzung gefahren, sondern jede Stelle wird dreifach besetzt. Denn wenn irgendwer mal ausfällt und man bei Nachtschichten 12-Stundenschichten hat, müssen die ersten Mitarbeiter nach 5 bis 7 Tagen ausgetauscht werden. Bei 4 Wochen Flut brauchen wir auf diesen Stellen eine 4fach Besetzung, damit man mit den Menschen vernünftig umgehen kann. Wenn Menschen müde sind, fallen auch keine vernünftigen Entscheidungen mehr. Deshalb eine 4fach-Besetzung. Die Gemeinden haben einen Bedarf für Schulungen angemeldet. In Summe ergibt sich im nächsten Jahr für 200 Personen Schulungsbedarf. Die Schulungen werden üblicherweise in Heyrothsberge an der Katastrophenschutzschule durchgeführt. Für das nächste Jahr haben wir derzeit ein Kontingent für 7 Plätze. Damit kommen wir natürlich nicht klar. Deshalb werden wir noch einmal mit den Verantwortlichen reden, dass wir angepasst an die Situation Inhouse-Seminare durchführen; manchmal Tagesseminare und manchmal Wochenseminare.
Außerdem gab es bestimmte Dinge, die sich in den letzten 10 Jahren neu aufgebaut haben. Gemeint sind die Menschen, die zu Hause gepflegt werden. Hier müssen wir im Evakuierungsfall wissen, welche Personen wo sind, wie bettlägerig sie sind, ob sie am Tropf hängen oder mit Sauerstoff versorgt werden. Da gibt es bis jetzt keinen einheitlichen Datenbestand. Im Katastrophenfall mussten 6 bis 8 Leuten telefonieren, um die Daten heraus zu bekommen, wie viel Personen in den Orten in der Häuslichkeit sind. Das hat funktioniert und diese Personen haben wir auch immer vor den anderen alle evakuieren können. Zukünftig sollte es aber mit geringerem Aufwand erfolgten. Darauf wollen wir hinarbeiten.
Diskussion gab es zwischen dem Punkt Wasserwehren und Feuerwehren. Im Brandschutzgesetz steht, wer in der Feuerwehr aktiv ist, darf in anderen Hilfsorganisationen nicht arbeiten. Das ist natürlich erst einmal sehr löblich für die Feuerwehr, aber nicht praxisnah. Wenn in den Orten Hochwasseralarm ausgerufen wird, wollen natürlich alle im Hochwasserfall helfen. Und da ist es einem Feuerwehrmann nicht begreiflich zu machen, dass er nicht am Deich oder bei der Wasserwehr helfen kann. Diesbezüglich ist mit dem Innenministerium gesprochen worden, dass ein Grundschutz für einen Brandfall da sein muss, aber dass diejenigen, die nicht benötigt werden, auch für die Wasserwehren in welcher Form auch immer eingesetzt werden.
Das Thema Hochwasser wollen wir nicht einschlafen lassen. Ich habe festgelegt, dass jährlich am 10. Juni eine Konferenz zum Hochwasser abgehalten wird. Der 10. Juni war der Tag, an dem der Deich in Fischbeck gebrochen ist. Dieses Ereignis nehmen wir zum Anlass zu hinterfragen, wie es beim Deichbau und den Dingen im Katastrophenfall weiter gegangen ist.
Zum Thema Hochwasser gehört auch dazu, dass man sich über den Wiederaufbau unterhält. Der Kreis hat Anträge für Maßnahmen als Hochwasserschaden gestellt, die wir erstattet haben wollen. Im Hochbaubereich waren es drei Maßnahmen (50 T€). Hauptsächlich sind das Schäden in den Turnhallen, die durch den Einsatz der Helfer passiert sind. Diese drei Maßnahmen sind durch die Plausibilitätsprüfung gefallen. Wir werden dafür wahrscheinlich kein Geld bekommen, weil Schäden, die durch Helfer erfolgt sind, nicht erstattet werden. Beim Straßenbau sind es 14 Maßnahmen. Von den 14 Maßnahmen sind 13 durch die Plausibilitätsprüfung gekommen. D. h., dafür können wir Förderanträge stellen und haben gute Chancen, Geld zu bekommen. Bei der 14. Maßnahme sind wir noch in Verhandlung. Das ist eine Straße in Wust, teilweise Ortslage, die auch unter Wasser stand. Hier verstehen wir nicht, warum wir kein Geld bekommen sollen. Mit dem Landesverwaltungsamt habe ich darüber schon gesprochen und sehe Chancen, für die 14. Straße auch noch Geld zu bekommen. Wir reden hier über ein Investitionsvolumen von um die 13 Mio. Euro in den nächsten drei Jahren. Und da lohnt es sich zu streiten.
Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte, ist der Bahnhaltepunkt in Meßdorf. Es ist vereinbart worden, dass wir hierüber im Kreistag berichten. Die NASA hat dem Landkreis im Oktober geantwortet. Das Schreiben habe ich den Fraktionsvorsitzenden zur Kenntnis gegeben. Bestimmte Punkte sind besprochen worden. Frühester Zeitpunkt der Schließung wäre Ende Dezember 2014 oder 2015, weil die Investitionen nicht so schnell vorangehen. Herr Stapel hatte im Kreistag gesagt, ich soll es mir schriftlich geben lassen, wenn der Busverkehr als Alternative eingerichtet wird, dass das Land uns die Kosten erstattet. Im Antwortschreiben hat die NASA GmbH zugesichert, „dieses Angebot mindestens bis zur Neuvergabe der ÖPNV-Leistungen im Landkreis finanziell zu unterstützen. Bevor eine konkrete Summe, wie von Ihnen im Schreiben vom 17. Erbeten, genannt werden kann, ist noch eine konkrete Fahrplanabstimmung notwendig. Dazu wollen wir Abstimmungen auf Arbeitsebene fortführen.“ Man hat also zu 75 % zugesichert, dass sie die ÖPNV-Leistungen finanziell unterstützen. Für uns strittig ist die Formulierung „mindestens bis zur Neuvergabe der ÖPNV-Leistungen“. Darüber ist noch einmal mit der NASA zu reden.
Der dritte Punkt ist das Regionalbudget. Darüber haben wir auch in den Ausschüssen gelegentlich beraten. Die Altmark hat in der vergangenen Förderperiode jedes Jahr 300 T€ relativ frei zur Verfügung gehabt und konnte selbst bestimmte Leistungen beauftragen. Es ist beabsichtigt, dass das Regionalbudget unter geänderten Förderbedingungen auch in der neuen Förderphase ab 2014 fortgeführt wird. Wir werden uns dazu äußern, dass es sinnvoll ist, auch eine Personal- und Investitionsförderung rein zu bekommen.
Der vierte Punkt meiner Ausführungen bezieht sich auf das Thema
Energie. Der eine oder andere wird gelesen haben, dass der Landkreis Stendal
den Bundeswettbewerb „Kommunaler Klimaschutz 2013“ gewonnen hat, der mit 20 T€
dotiert war. Der Landkreis erhielt die Auszeichnung für sein systematisches
Energiemanagement und legte den Schwerpunkt bewusst auf nicht- und gering
investive Maßnahmen: Anpassen der Heizzeiten an die Nutzungszeiten, Optimieren
der Heizkurven, Nutzen der vorhandenen Gebäudeleittechnik, Austausch von
Thermostatventilen und defekten Stellantrieben sowie Sensibilisierung des
Nutzerverhaltens etc. Damit wurden jährlich 300 T€ eingespart. Und das hat
letztendlich zu diesem Erfolg hier geführt.
Wir wollen hier aber nicht stehen bleiben, sondern das ganze fortführen. D.h., wir wollen Modellregion in der Altmark werden. Es ist der Förderantrag über die Landesenergieagentur für eine Energie- und Klimaschutzstrategie für die ganze Altmark gestellt worden. Wahrscheinlich erfolgt eine Förderung von mindestens 80 %. Zunächst werden wir die Strategie aufbauen, die dann in konkrete Maßnahmen enden sollen. Jetzt beschreiben wir also erst einmal wieder Papier. Das ist aber notwendig, weil ab 2015 bis 2020 darüber Investitionen für konkrete Projekte gefördert werden. Die Altmark ist eine von wenigen Modellregionen, die sich daran beteiligen. 2015 hätten wir den Vorsprung, den man braucht, um Investitionen umsetzen zu können. Darüber werden wir in den Ausschüssen noch einmal berichten.