Betreff
Weiterführung der Schulsozialarbeit im Landkreis Stendal für die Schuljahre 2024/2025 bis 2027/2028
Vorlage
794/2023
Aktenzeichen
794/2023
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

Beschlussvorschlag:

1.    Der Kreistag beschließt die erforderlichen Haushaltsmittel in Höhe von 10% der förderfähigen Ausgaben für die aus dem ESF+-Programm „Schulerfolg sichern“ voraussichtlich 20 geförderten Projektstellen im Landkreis Stendal für den Förderzeitraum 08-2024 bis 07/2028 bereitzustellen.

2.    Sollte sich die Anzahl der ESF-geförderten Stellen um wider Erwarten um 1 - 2 Projektstellen erhöhen, soll die Kofinanzierung in Höhe von 10 v.H. auch hier bereitgestellt werden.

3.    Der Beschluss ergeht unter dem Vorbehalt, dass die erwartete Reduzierung des Kofinanzierungsanteils auf 10 % tatsächlich erfolgt.


 

Sachverhalt:

Vor dem Hintergrund der Beanstandung der Beschlüsse des Kreistages zum Haushaltskonsolidierungskonzept 2023, zur Haushaltssatzung und zum Haushaltsplan 2023 durch das Landesverwaltungsamt hat der Kreistag mit der DS 691/2023 am 25.05.2023 beschlossen, die durch die Förderrichtlinie des ESF+-Programms geforderte 20 %ige Kofinanzierung der voraussichtlich 20 geförderten ESF+-Projektstellen der Schulsozialarbeit im neuen Förderzeitraum ab 8/2024 nicht mitzufinanzieren.

Am 27.11.2023 wurde bekannt, dass sich die Koalitionsfraktionen CDU, SPD und FDP nach landesweiten Protesten gegen den 20%igen Finanzierungsanteil der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe darauf verständigt haben im kommenden Förderzeitraum den kommunalen Anteil auf nunmehr 10% zu begrenzen.

Mit der Absenkung des kommunalen Anteils auf 10 % der förderfähigen Kosten der ESF-geförderten Stellen der Schulsozialarbeit ist es trotz der prekären Haushaltslage des Landkreises gerechtfertigt eine haushaltsrechtliche Neubewertung zur Mitfinanzierung vorzunehmen.

In dem Beschluss DS 691/2023 hatte sich der Kreistag neben der negeativen Förderentscheidung jedoch grundsätzlich zur Schulsozialarbeit als wertvollem Baustein der sozialen Arbeit an der Schnittstelle Jugendhilfe - Schule bekannt.

Seit der 2021 vorgenommenen Einführung des § 13a – Schulsozialarbeit – durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz in das SGB VIII besteht ein klarer rechtlicher Rahmen für die Gewährung von Leistungen der Schulsozialarbeit im Rahmen der Kinder-und Jugendhilfe.

Von dem bestehenden Landesrechtsvorbehalt und damit der Möglichkeit, Schulsozialarbeit außerhalb der Jugendhilfe zu verorten, hat der Landesgesetzgeber bisher keinen Gebrauch gemacht.

Aus dem § 13 i.V.m. dem neuen §13a SGB VIII ergibt sich kein subjektiv öffentliches Recht, d.h. es besteht kein individueller Rechtsanspruch auf die Leistung „Schulsozialarbeit“ und damit auch kein unmittelbarer Finanzierungsanspruch im Einzelfall.

Unabhängig davon fällt die Schulsozialarbeit gemäß § 79 SGB VIII unter die Gesamt- verantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfegemäß § 79 SGB VIII für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII.

Träger der Projekte der Schulsozialarbeit sind anerkannte freie Träger der Jugendhilfe.

Aus beiden Punkten folgt, dass sich ein Förderanspruch dem Grunde nach aus den §§ 4 Abs.3 i.V.m.§ 74 SGB VIII ergeben kann, da die 20 ESF-geförderten Projekte geeignet und erforderlich sind zur Erfüllung der Aufgabenstellungen der Jugendhilfe gemäß § 1 SGB VIII im Kontext der Schule einen wesentlichen Beitrag zu leisten.

Über die Art und Höhe der Finanzierung/Förderung bei grundsätzlichen Verpflichtungen, aber ohne individuellem Rechtsanspruch entscheidet der Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach pflichtgemäßem Ermessen. Bei der Ausübung des Ermessens ist sicherzustellen, dass die sozialen Rechte weitgehend verwirklicht werden.

Dagegen steht die prekäre Haushaltssituation des Landkreises, die eine durch Dritte (via Förderrichtlinie) vorgegebene Mitfinanzierung in Art und Höhe i.d.R. ausschließt.

Gleichwohl führt die nunmehr vorgesehene Absenkung der vorgegebenen Mitfinanzierung von 20 auf 10 % zu einer haushaltsrechtlichen Situation, die eine Mitfinanzierung im Förderzeitraum nunmehr als vertretbar i.S. einer zeitlichen und rechtlichen Unabweisbarkeit erscheinen lässt.

Rechtlich könnte eine Unabweisbarkeit bejaht werden, da ein Förderanspruch dem Grunde nach – resultierend aus der Gesamtverantwortung zur Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII besteht. Auch wenn faktisch mit den Vorgaben der Förderrichtlinie in die kommunale Finanzhoheit eingegriffen wird, erscheint mit dem „nur“ noch 10%igen Mitfinanzierungsanteil (90:10Anteil) die Beteiligung jetzt auch unter benannten Haushaltsbedingungen vertretbar.

Neben der rechtlichen Unabweisbarkeit ist  auch eine zeitliche Unabweisbarkeit zu bejahen, weil der Förderzeitraum  des ESF+Programmes auf das Zeitfenster 08/2024 bis 07/2028 verbindlich  festgesetzt ist. Insoweit kommt eine Verschiebung des Einsatzes der Haushaltsmittel des Landkreises nicht in Betracht.

Sicher ist inzwischen, dass eine fehlende Kofinanzierung des Landkreises alternativlos eine vollständige Einstellung der Schulsozialarbeit im Landkreis Stendal nach sich ziehen würde, da es dann auch keine Teilhabe an der ESF-Förderung geben wird.

Die nachfolgenden negativen Auswirkungen auf Grund des flächendeckenden Wegbrechens der gesamten Schulsozialarbeit im Landkreis wären wohl als erheblich einzuordnen.

Dem Kreistag wird empfohlen, dem Beschlussvorschlag zur 10%igen Mitfinanzierung der voraussichtlich ESF-geförderten Projektstellen zuzustimmen und die Mittel für den Förderzeitraum bereitzustellen.


Finanzielle Auswirkungen:

Kosten Landkreis gesamt:  667.700

  EUR

Jährliche Folgekosten: s.u.

  EUR

Mittel bereits veranschlagt?

  Nein

Haushaltsjahre: 2024 -2028

Haushaltsstelle: 3.6.3.10.531801

Bemerkungen:

Mittelbedarf

ab 08/2024  = 68.000EUR

2025 = 158.000EUR

2026 = 167.200EUR

2027 = 174.800EUR

bis 07/2028 = 99.700EUR

Zusätzliche Anmerkung: Die Bezifferung der Jahresbeträge erfolgte auf Grundlage der Angaben der Träger in ihren Förderanträgen an die Bewilligungsstelle des Landes. Kostenerhöhungen infolge von Tarifsteigerungen  sind im Förderzeitraum nicht auszuschließen.