Beschlussvorschlag:
1. Der Jugendhilfeausschuss beschließt die Festsetzung der Höhe der laufenden Geldleistungen an Tagespflegepersonen gemäß § 23 SGB VIII (Anlage 2).
2. Die festgelegte Höhe der laufenden Geldleistung gilt
· für die Tagespflege gemäß § 24 SGB VIII i.V.m. § 3 Abs. 5 Satz 1 oder § 6 KiFöG LSA
· für die Tagespflege i.V.m. §§ 20, 27 oder 35a SGB VIII
3. Der Beschluss des Jugendhilfeausschusses Drucksache 543/2022 vom 23.08.2022 wird durch diesen Beschluss ersetzt.
4. Die Neufestsetzung der Höhe der laufenden Geldleistung tritt rückwirkend zum 01.01.2024 in Kraft.
Sachverhalt:
Sofern ein Kind in Kindertagespflege auf der Grundlage des § 24 SGB VIII
(Sozialgesetzbuch - Achtes Buch – Kinder-und Jugendhilfe) i.V.m. § 3 Abs.5 Satz
1 KiFöG-LSA (Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in
Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt) betreut wird,
umfasst diese Betreuung in Kindertagespflege auch die sogenannte „laufende
Geldleistung“ nach § 23 SGB VIII.
Gemäß § 23 Abs. 2a SGB VIII wird die Höhe der laufenden Geldleistung vom
Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas
anderes bestimmt.
Das Land Sachsen-Anhalt hat von der Möglichkeit der Schaffung einer Landesregelung
bisher keinen Gebrauch gemacht.
Mit Beschluss des Jugendhilfeausschusses vom 06.09.2022 - DS 543/2022
hat der Landkreis Stendal letztmalig die Höhe der laufenden Geldleistungen
festgesetzt, für die Kommunen im Zusammenhang mit der Umsetzung des KiFöG mit
verbindlichen Charakter.
Ausgehend von dem jüngsten Beschluss ist eine Anpassung aufgrund von Tarifentwicklungen
als auch aufgrund der deutlichen Erhöhung von Verbraucherpreisen infolge der
aktuellen politischen Weltlage erforderlich.
Bei Nutzung von Tagespflege zur Sicherung des Rechtsanspruches auf einen
Betreuungsplatz sind weiterhin alle Einheits- und Verbandsgemeinden des
Landkreises Stendal im an die festgelegte Höhe der Beträge der „laufenden
Geldleistung“ gebunden.
Im Landkreis Stendal werden zurzeit 23 Kinder in 5 Tagespflegestellen
öffentlich gefördert. Davon befindet sich 1 Tagespflegeperson mit insgesamt 4
betreuten Kindern in Stendal. In Tangermünde sind 3 Tagespflegestellen mit 14
Kindern und in Boock befindet sich eine Tagespflegestelle mit derzeit 5 Kindern.
Dem Wortlaut des Gesetzes nach umfasst die laufende Geldleistung gemäß §
23 Abs. 2 SGB VIII:
1. Die Erstattung angemessener Kosten, die der
Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen,
2. einen Betrag zur Anerkennung ihrer
Förderleistung nach Maßgabe von Absatz 2a,
3. die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen
für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung der
Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Tagespflegeperson
und
4. die hälftige Erstattung nachgewiesener
Aufwendungen zu einer angemessenen Krankenversicherung und Pflegeversicherung.
Der Betrag zur Anerkennung der Förderleistung ist dabei leistungsgerecht
auszugestalten (§ 23 Abs. 2a Satz 2 SGB VIII).
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. empfiehlt
bereits in einem Diskussionspapier aus dem Jahre 2008 eine stundenbezogene
Finanzierung pro Kind sowie eine gestaffelte qualifikationsabhängige Vergütung.
Eine schrittweise Professionalisierung der Tagespflegepersonen liegt im
Interesse der öffentlichen Jugendhilfeträger wie auch der Kinder und Eltern.
Ein verbessertes Qualifikationsniveau sollte sich in der Vergütung
wiederspiegeln.
Das Institut für Bildungs- und Sozialpolitik der Hochschule Koblenz
(ibus) entwickelte im Auftrag des Bundesverbandes für Kindertagespflege in
einer Expertise mehrere Modelle einer leistungsorientierten Vergütung in der
Kindertagespflege, um zum einen aufzuzeigen, wie die Tagespflege attraktiver
gestaltet werden kann und zum anderen, um eine bundeseinheitliche Empfehlung
zur Orientierung zu geben.
Die leistungsgerechte Ausgestaltung betrifft vor allem den Betrag zur
Anerkennung der Förderleistung (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII). Anders als ein
pauschal gewährter Arbeitslohn ist der „Betrag zur Anerkennung der
Förderungsleistung“ abgestuft zu gewähren. Aspekte, die hierbei zu
berücksichtigen sind, sind nach dem Gesetzeswortlaut der zeitliche Umfang der
Leistung, die Anzahl und der Förderbedarf der betreuten Kinder. Dieser Katalog
ist nicht abschließend; aus der Gesetzesbegründung und dem Sinn und Zweck der
Regelung folgen, dass bei der Beurteilung der „Leistungsgerechtigkeit“
insbesondere auch die Qualifikation von Tagespflegepersonen heranzuziehen ist.
Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber mit dem KiFöG LSA und im § 23 Abs.
2a SGB VIII das Kriterium der leistungsgerechten Vergütung verankert. Neben
diesen ausdrücklich im Gesetz genannten Aspekten ist auch auf die individuelle
Qualifikation der Tagespflegeperson bei der Bemessung der leistungsgerechten
Vergütung einzugehen.
Die Höhe der laufenden Geldleistung orientiert sich dabei aufgrund der
vergleichbaren Tätigkeit eines/r Erziehers/in grundsätzlich an den Gehältern
des Tarifvertrages im Sozial- und Erziehungsdienst (TVöD SuE). Die aktuell
geltenden Entgelttabellen des TVöD SuE wurden hierbei zugrunde gelegt.
Auf dieser Basis werden die Tagespflegepersonen nach Qualifikation in
Anlehnung an den TVöD SuE den Entgeltgruppen wie folgt zugeordnet (die
ausführliche Begründung hierzu befindet sich in der Drucksache 180/2020):
Qualifikation
Tagespflegeperson |
entspricht
Entgeltgruppe |
160 h – Grundqualifikation
+ 100 h Zusatzqualifikation |
S 3 |
60 h –
Qualifikation + Staatlich
geprüfte/r Kinderpfleger/in, Staatlich geprüfte/r Sozialassistent/in,
Staatlich geprüfte Fachkraft für Kindertageseinrichtungen oder Abschluss
auf verwandtem Gebiet
|
S 4 |
Erzieher/in,
Kindheitspädagoge/in (BA/MA) oder Staatlich geprüfte Fachkraft für
Kindertageseinrichtungen mit Erwerb der persönlichen Voraussetzungen eines
sonstigen Beschäftigten
|
S 8a |
Das Institut für Bildungs- und Sozialpolitik der Hochschule Koblenz geht
aufgrund bisher fehlender Erfassung bei der Erstattung der Kosten für den
Sachaufwand (§ 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) nach eigenen Berechnungen von 60 % der
Sachkosten für die Vollzeitpflege gemäß Deutscher Verein für öffentliche und
private Fürsorge (Fortschreibung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege)
aus.
Die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Fortschreibung der
Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege für das Jahr 2024 wurden am 19.09.2023
vom Präsidium des Deutschen Vereins verabschiedet und anschließend
veröffentlicht. Unter Berücksichtigung dieser Berechnung betragen für das
aktuelle Jahr die Kosten für den Sachaufwand nach der derzeit aktuellsten
Fortschreibung 2,59 EUR je Betreuungsstunde.
Die ganz oder teilweise erstattungsfähigen Beiträge zur Unfall-,
Kranken-, Pflegeversicherung sowie Alterssicherung gelten je Tagespflegeperson
und werden unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder gewährt.
In Anlehnung an dem bereits genannten Diskussionspapier des Deutschen
Vereins für öffentliche und private Fürsorge wird festgelegt, dass die
Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zur Unfallversicherung grundsätzlich die
Erstattung des Beitrages zur gesetzlichen Unfallversicherung umfasst. Eine
Erstattung von Beiträgen zur privaten Unfallversicherung kommt nur dann zur
Anwendung, wenn die Tagespflegeperson im Ausnahmefall ausschließlich privat
unfallversichert ist. In diesem Fall ist maximal die Höhe des Beitrages zur gesetzlichen
Unfallversicherung erstattungsfähig.
Auch hier wurden die entsprechenden Beiträge der aktuellen Höhe angepasst.
Anlagenverzeichnis:
Anlage 1: derzeit gültige
Übersicht über die laufenden Geldleistungen gemäß § 23 Abs. 2 SGB VIII; gültig seit
01.08.2022
Anlage 2: zu beschließende
Übersicht über die laufenden Geldleistungen gemäß § 23 Abs. 2 SGB VIII; gültig ab
01.01.2024
Anlage 3: Vergleichsübersicht