Betreff
Förderung der Kindertagespflege - hier: Festlegung der laufenden Geldleistung gemäß § 23 SGB VIII
Vorlage
797/2023
Aktenzeichen
797/2023
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

1.            Der Jugendhilfeausschuss beschließt die Festsetzung der Höhe der laufenden Geldleistungen an Tagespflegepersonen gemäß § 23 SGB VIII (Anlage 2).

2.            Die festgelegte Höhe der laufenden Geldleistung gilt

·                     für die Tagespflege gemäß § 24 SGB VIII i.V.m. § 3 Abs. 5 Satz 1 oder § 6 KiFöG LSA

·                     für die Tagespflege i.V.m. §§ 20, 27 oder 35a SGB VIII

3.            Der Beschluss des Jugendhilfeausschusses Drucksache 543/2022 vom 23.08.2022 wird durch diesen Beschluss ersetzt.

4.            Die Neufestsetzung der Höhe der laufenden Geldleistung tritt rückwirkend zum 01.01.2024 in Kraft.


Sachverhalt:

Sofern ein Kind in Kindertagespflege auf der Grundlage des § 24 SGB VIII (Sozialgesetzbuch - Achtes Buch – Kinder-und Jugendhilfe) i.V.m. § 3 Abs.5 Satz 1 KiFöG-LSA (Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt) betreut wird, umfasst diese Betreuung in Kindertagespflege auch die sogenannte „laufende Geldleistung“ nach § 23 SGB VIII.

Gemäß § 23 Abs. 2a SGB VIII wird die Höhe der laufenden Geldleistung vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt.

Das Land Sachsen-Anhalt hat von der Möglichkeit der Schaffung einer Landesregelung bisher keinen Gebrauch gemacht.

Mit Beschluss des Jugendhilfeausschusses vom 06.09.2022 - DS 543/2022 hat der Landkreis Stendal letztmalig die Höhe der laufenden Geldleistungen festgesetzt, für die Kommunen im Zusammenhang mit der Umsetzung des KiFöG mit verbindlichen Charakter.

Ausgehend von dem jüngsten Beschluss ist eine Anpassung aufgrund von Tarifentwicklungen als auch aufgrund der deutlichen Erhöhung von Verbraucherpreisen infolge der aktuellen politischen Weltlage erforderlich.

Bei Nutzung von Tagespflege zur Sicherung des Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz sind weiterhin alle Einheits- und Verbandsgemeinden des Landkreises Stendal im an die festgelegte Höhe der Beträge der „laufenden Geldleistung“ gebunden.

Im Landkreis Stendal werden zurzeit 23 Kinder in 5 Tagespflegestellen öffentlich gefördert. Davon befindet sich 1 Tagespflegeperson mit insgesamt 4 betreuten Kindern in Stendal. In Tangermünde sind 3 Tagespflegestellen mit 14 Kindern und in Boock befindet sich eine Tagespflegestelle mit derzeit 5 Kindern.

Dem Wortlaut des Gesetzes nach umfasst die laufende Geldleistung gemäß § 23 Abs. 2 SGB VIII:

1.    Die Erstattung angemessener Kosten, die der Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen,

2.    einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderleistung nach Maßgabe von Absatz 2a,

3.    die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung der Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Tagespflegeperson und 

4.    die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Krankenversicherung und Pflegeversicherung.

Der Betrag zur Anerkennung der Förderleistung ist dabei leistungsgerecht auszugestalten (§ 23 Abs. 2a Satz 2 SGB VIII).

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. empfiehlt bereits in einem Diskussionspapier aus dem Jahre 2008 eine stundenbezogene Finanzierung pro Kind sowie eine gestaffelte qualifikationsabhängige Vergütung. Eine schrittweise Professionalisierung der Tagespflegepersonen liegt im Interesse der öffentlichen Jugendhilfeträger wie auch der Kinder und Eltern. Ein verbessertes Qualifikationsniveau sollte sich in der Vergütung wiederspiegeln.

Das Institut für Bildungs- und Sozialpolitik der Hochschule Koblenz (ibus) entwickelte im Auftrag des Bundesverbandes für Kindertagespflege in einer Expertise mehrere Modelle einer leistungsorientierten Vergütung in der Kindertagespflege, um zum einen aufzuzeigen, wie die Tagespflege attraktiver gestaltet werden kann und zum anderen, um eine bundeseinheitliche Empfehlung zur Orientierung zu geben.

Die leistungsgerechte Ausgestaltung betrifft vor allem den Betrag zur Anerkennung der Förderleistung (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII). Anders als ein pauschal gewährter Arbeitslohn ist der „Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung“ abgestuft zu gewähren. Aspekte, die hierbei zu berücksichtigen sind, sind nach dem Gesetzeswortlaut der zeitliche Umfang der Leistung, die Anzahl und der Förderbedarf der betreuten Kinder. Dieser Katalog ist nicht abschließend; aus der Gesetzesbegründung und dem Sinn und Zweck der Regelung folgen, dass bei der Beurteilung der „Leistungsgerechtigkeit“ insbesondere auch die Qualifikation von Tagespflegepersonen heranzuziehen ist.

Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber mit dem KiFöG LSA und im § 23 Abs. 2a SGB VIII das Kriterium der leistungsgerechten Vergütung verankert. Neben diesen ausdrücklich im Gesetz genannten Aspekten ist auch auf die individuelle Qualifikation der Tagespflegeperson bei der Bemessung der leistungsgerechten Vergütung einzugehen.

Die Höhe der laufenden Geldleistung orientiert sich dabei aufgrund der vergleichbaren Tätigkeit eines/r Erziehers/in grundsätzlich an den Gehältern des Tarifvertrages im Sozial- und Erziehungsdienst (TVöD SuE). Die aktuell geltenden Entgelttabellen des TVöD SuE wurden hierbei zugrunde gelegt.

Auf dieser Basis werden die Tagespflegepersonen nach Qualifikation in Anlehnung an den TVöD SuE den Entgeltgruppen wie folgt zugeordnet (die ausführliche Begründung hierzu befindet sich in der Drucksache 180/2020):

Qualifikation Tagespflegeperson

entspricht Entgeltgruppe

160 h – Grundqualifikation + 100 h Zusatzqualifikation

S 3

60 h – Qualifikation +

Staatlich geprüfte/r Kinderpfleger/in, Staatlich geprüfte/r Sozialassistent/in, Staatlich geprüfte Fachkraft für Kindertageseinrichtungen

oder Abschluss auf verwandtem Gebiet

S 4

Erzieher/in, Kindheitspädagoge/in (BA/MA) oder Staatlich geprüfte Fachkraft für Kindertageseinrichtungen mit Erwerb der persönlichen Voraussetzungen eines sonstigen Beschäftigten

S 8a

Das Institut für Bildungs- und Sozialpolitik der Hochschule Koblenz geht aufgrund bisher fehlender Erfassung bei der Erstattung der Kosten für den Sachaufwand (§ 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) nach eigenen Berechnungen von 60 % der Sachkosten für die Vollzeitpflege gemäß Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge (Fortschreibung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege) aus.

Die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Fortschreibung der Pauschalbeträge in der Vollzeitpflege für das Jahr 2024 wurden am 19.09.2023 vom Präsidium des Deutschen Vereins verabschiedet und anschließend veröffentlicht. Unter Berücksichtigung dieser Berechnung betragen für das aktuelle Jahr die Kosten für den Sachaufwand nach der derzeit aktuellsten Fortschreibung 2,59 EUR je Betreuungsstunde.

Die ganz oder teilweise erstattungsfähigen Beiträge zur Unfall-, Kranken-, Pflegeversicherung sowie Alterssicherung gelten je Tagespflegeperson und werden unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder gewährt.

In Anlehnung an dem bereits genannten Diskussionspapier des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge wird festgelegt, dass die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zur Unfallversicherung grundsätzlich die Erstattung des Beitrages zur gesetzlichen Unfallversicherung umfasst. Eine Erstattung von Beiträgen zur privaten Unfallversicherung kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Tagespflegeperson im Ausnahmefall ausschließlich privat unfallversichert ist. In diesem Fall ist maximal die Höhe des Beitrages zur gesetzlichen Unfallversicherung erstattungsfähig.

Auch hier wurden die entsprechenden Beiträge der aktuellen Höhe angepasst.


Anlagenverzeichnis:

Anlage 1:         derzeit gültige Übersicht über die laufenden Geldleistungen gemäß § 23 Abs. 2 SGB VIII; gültig seit 01.08.2022

Anlage 2:         zu beschließende Übersicht über die laufenden Geldleistungen gemäß § 23 Abs. 2 SGB VIII; gültig ab 01.01.2024

Anlage 3:         Vergleichsübersicht